5 Reflexionsfragen für empathische Menschen für mehr Selbstfürsorge

5 Reflexionsfragen für empathische Menschen für mehr Selbstfürsorge

geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

Sehr lange in meinem Lebens wurde ich wegen meiner Empathie gelobt. Ich selber jammerte manchmal, dass ich nicht nur offen und sensibel für andere war, nicht nur einfühlsam und nicht nur mitfühlend, sondern eher ein chronischer Empath, der andere mehr spürte als sich selbst.

Empathische Menschen gelten in unserer Gesellschaft oft als hilfsbereite, offene und herzliche Menschen. Daran ist auch nichts auszusetzen, es ist tatsächlich wertvoll. Aber … für einige von uns geht damit auch das Gefühl einher, für das Wohlergehen anderer verantwortlich zu sein.

Ich zum Beispiel fühle sehr genau, was andere mir gegenüber ausstrahlen, ich kann spüren, wie es jemanden mit mir geht, und ich bin sehr sensibel gegenüber Konflikten und Problemen um mich herum. Gleichzeitig registriere ich, seit ich denken kann, auch äusserst aufmerksam mein Gegenüber: jeden Gesichtsausdruck, jeden Tonfall, jede subtile Veränderung in der Energie meines Gegenübers.

Ausserdem fühlte ich mich immer für alles verantwortlich – auch für die Erfüllung jeder Erwartung, die irgendjemand an mich hatte (egal wie es mir gerade ging). Ich war immer zuständig – zu helfen, zu tun, zu machen, ohne mich zu fragen, ob ich dazu auch Raum, Zeit, Energie oder schon gar nicht Lust hatte.

Klar ist es wichtig, zuverlässig in einer Beziehung zu sein, aber die Verantwortung für das Glück anderer ist ein Schritt zu viel Richtung Selbstaufgabe. Denn auch ich konnte noch so viel tun, machen und leisten, das Leid anderer (zum Beispiel das meiner Mutter) konnte ich trotzdem nie genug mildern. Meine Verantwortung für alles und jeden in meinem Umfeld wog lange schwer auf mir und mein schlechtes Gewissen machte nie Ferien.

Der Mensch, dessen Wohlergehen mir am wenigsten am Herzen lag, war ich selber. Nichts – kein Burnout, keine Erschöpfung, kein Schmerz war gross genug, mich zuerst um mich selbst zu kümmern. Bis ich mich während meiner Krebserkrankung auf die Suche für ein Heilmittels gegen mein schlechtes Gewissen machte und bei der Heilung meines chronisch dysregulierten Nervensystem landete.

Empathie aus Sicht Nervensystem

Hier ein kleiner Einblick in die Neurobiologie: Empathische Menschen haben oft schon früh gelernt, dass es nicht sicher ist, Dinge *nicht* selber zu übernehmen. Unser Nervensystem hat starke Rezeptoren für «Nicht-Sicher» – da es verantwortlich für unser Überleben ist, nicht unser Glück. Vielleicht hattest auch Du schon früh die Aufgabe, Verantwortung für andere zu übernehmen, da sie Dich brauchten.

Unsere tiefe Empathie wurzelt oft auch in einem Beziehungstrauma, das dazu führt, dass empathische Menschen schon sehr früh unglaublich einfühlsam werden und sich für andere verantwortlich fühlen. Dieses Ausblenden der eigenen Grenzen und eigenen Bedürfnisse ist trotzdem immer auch schmerzhaft. Oft versuchen wir, als Erwachsene die Wunden unseres kleinen Selbst zu heilen, indem wir uns so um alle anderen weiterhin kümmern, wie wir es selber brauchen würden.

Das erfordert auch im erwachsenen Leben viel Einsatz und Energie. Meine unten stehenden Reflexionsfragen laden Dich ein, neugierig und forschend über die eigenen Muster nachzudenken.

Ein wichtiger Hinweis: Versteh meine Fragen als Einladung – nimm nur jene, die sich stimmig anfühlen und lass die anderen links liegen. Auch das ist völlig in Ordnung. Versuche Dich vor allem auch in der Reflexion selbst zu würdigen und Dir gegenüber Wohlwollen für Dein tiefes Einfühlungsvermögen in andere Menschen und Situationen zu empfinden.

Hier also 5 Fragen an alle als empathisch gelobten Menschen, die den Weg zu mehr Selbstfürsorge gehen möchten:

5 Reflexionsfragen für empathische Menschen für mehr Selbstfürsorge
5 Reflexionsfragen für empathische Menschen für mehr Selbstfürsorge: ein entsprechendes PDF findest Du am Ende zum Herunterladen

Wann begannst Du Dich verantwortlich für das Wohlergehen anderer zu fühlen

Schon in meiner persönlichen Geschichte zeigt sich, dass die Wurzeln des eigenen empathischen Verhaltens oft zurück in die frühen Kindheit reichen. Ich lade Dich ein, Dich in einem Moment, wo Du Dich unterstützt und sicher fühlst (und das kann gut und gerne ein Moment in der Natur sein), auf die Spurensuche in deiner Vergangenheit begibst. Dieser beobachtende, wertfreie Blick auf Deine Vergangenheit kann Dir Verständnis bringen, warum Du Dich so oft für andere verantwortlich fühlst. Erforsche die Ursprünge Deines tiefen Mitgefühls, ohne Dich zu bewerten oder Groll zu empfinden.

Was brachte Dir bei, jede kleinste Energieverschiebung genau zu registrieren?

Die subtilen Nuancen der menschlichen Energie sind für Empathen sehr oft wie eine zweite Sprache, die sie blitzschnell übersetzen können. Doch wie haben wir gelernt, diese Energieverschiebungen zu spüren und zu interpretieren? Obwohl es oft als natürliche Gabe erscheint, hat unsere Umgebung und unsere Erfahrungen viel dazu beigetragen, diese Sensibilität zu entwickeln. Ich lade Dich ein, auch hier zu erforschen, wie Dein Einfühlungsvermögen geformt wurde und welche Rolle Dein Umfeld dabei spielte.

Wer förderte zuerst, Dich verantwortlich für das Familienglück zu fühlen?

In vielen Familien werden Empathen unbeabsichtigt zum allgegenwärtigen «Familienseelsorger». Das empathische Familienmitglied hilft, das emotionale Gleichgewicht aufrechtzuerhalten. Diese Rolle wird oft schon sehr klein übernommen. Welche Dynamiken innerhalb Deiner Familie haben Dein Verantwortungsgefühl geformt? Stell Dir einfach neugierig die Frage, wer oder was dazu beigetragen, dass Du Dir diese Verantwortung auferlegt hast? Dies wird helfen, Dir Dein eigenes, persönliches Wohlergehen wieder mehr ans Herz wachsen zu lassen.

Welcher Schmerz liess Dein Herz so gross werden?

Es ist wertvoll, ein warmes und offenes Herz für unsere Umwelt zu haben. Doch was hat uns dazu gebracht, dieses Ausmass an Mitgefühl zu entwickeln? Oft ist es unser eigener Schmerz und unsere eigenen Verletzungen, die unser Herz vergrössern und uns dazu motivieren, den Schmerz anderer abzufedern. Bleib einfach neugierig, woher Dein grosses Herz und Dein Verantwortungsgefühl kommen, um Schritt für Schritt auch grosses Wohlwollen für Dich selber zu fühlen.

Wer lehrte Dich, das Verhalten der anderen vorherzusehen?

Empathische Menschen neigen dazu, nicht nur ihre eigenen Gefühle zu managen, sondern auch die Gefühle und Reaktionen anderer vorherzusehen und zu regulieren. Doch wer hat uns diese Rolle des «Emotionsmanagers» zugewiesen? Forsche in Deiner Geschichte nach prägenden Beziehungen oder Erfahrungen, die Dich gelehrt haben, Dich auf diese Weise um andere und ihre Stimmungen zu kümmern.

In all den Facetten, die Du gelernt hast, Dich um andere zu kümmern – wer kümmerte sich um Dich?

Natürlich weisst Du es schon lange: Zwar bist Du Experte im Erspüren und Lösen von Gefühlen und Erwartungen anderer, aber gleichzeitig neigst du dazu, deine eigenen Bedürfnisse abzuspalten und nicht zu spüren. Doch wer in unserer Geschichte hat sich um uns gekümmert, als wir uns um andere kümmerten? Vielleicht hat Dein Nervensystem im Laufe Deines Lebens gelernt, dass es sicherer ist, Deine Aufmerksamkeit auf das Wohl anderer zu lenken und so tritt Deine Selbstfürsorge auch heute noch in den Hintergrund.

Dein Nervensystem darf lernen, dass Selbstfürsorge sicher und gut für Dich ist. Dein Nervensystem darf erkennen, dass das Nicht-Erfüllen von Erwartungen anderer heute nicht mehr (lebens)gefährlich ist. Dieses Neulernen benötigt Zeit, da es wirklich in die Neurobiologie unseres Daseins eingreift. Aber es lohnt sich, in kleinen Schritten zu spüren, dass erwachsene Menschen mit Enttäuschungen umgehen können, ohne dass es negative Konsequenzen für uns auslöst.

Entlang dieser Fragen kannst Du für Dich einen Weg finden, um Dich genauso um Dich selbst zu kümmern, wie Du es schon lange für andere tust. Unser Nervensystem kann lernen, dass das Wahrnehmen unserer eigenen Bedürfnisse wichtig und richtig ist – auch wenn wir uns den inneren Anteilen, die unsere Empathie fördern, zuerst zuwenden und ihre Bedürfnisse auf eine neue Weise anerkennen müssen.

Die Begleitung durch einen traumasensiblen und Nervensystem-geschulten Coach ist bei tiefen Mustern aber anzuraten, um sich nicht selber wieder in eine Überforderung der inneren Anteile zu schicken. In meinem 1:1 Claim Your Life bekommst Du Raum und Wissen, um Dich und Deine Bedürfnisse besser zu spüren und auch wichtig zu nehmen.

Liebe Grüsse,

Gertrud

Balance im Leben und im Nervensystem | ohne emotionale Überforderung

Embodiment | Nervensystem | Verbindung zu Dir

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