Glossar zur Polyvagaltheorie

Glossar zur Polyvagaltheorie - Begriffe erklärt

geschätzte Lesezeit: 11 Minuten

In diesem Post findest Du die zentralen Begriffe der Polyvagaltheorie als Glossar zusammengestellt.

Es war Dr. Stephen Porges, der in den 90er Jahren bei der Arbeit mit Frühgeborenen, eine biologische Ordnung in menschlichen Reaktionen feststellte. Diese biologisch vorhandene Ordnung ist in allen menschlichen Erfahrungen im Hintergrund am Arbeiten. Seine Beobachtungen begründen die Polyvagaltheorie, die das autonome Nervensystem in den Fokus menschlichen Erlebens und Reagierens nimmt.

In der Polyvagaltheorie wird das autonome Nervensystem in mehrere Zweige unterteilt, die sowohl unsere Körperfunktionen als auch unser Verhalten steuern. Die Polyvagaltheorie besagt, dass unser autonomes Nervensystem (ANS) durch chronischen Stress oder unverarbeitete Trauma-Erfahrungen in die Dysregulation kippen kann, was unser menschliches Handeln in Kampf/Flucht oder Erstarren abgleiten lässt, aber auch unsere Ruhe und Regenerationsfähigkeit massiv einschränkt.

Afferent

Afferent sind Begriffe aus der Neuroanatomie und beziehen sich auf den Fluss von Informationen im Nervensystem. Afferent (auch sensorisch genannt) beschreibt dabei den Fluss von Informationen von den Sinnesorganen zum zentralen Nervensystem (Gehirn und Rückenmark). Das bedeutet, dass afferente Nervenfasern Reize aus der Umwelt oder dem Körper aufnehmen und sie an das Gehirn weiterleiten, um dort verarbeitet zu werden.

Amygdala

Die Amygdala ist eine mandelförmige Struktur im Gehirn, die eine wichtige Rolle bei der Verarbeitung und Regulierung von Emotionen spielt. Sie ist Teil des limbischen Systems, das auch für die Entstehung und Regulation von Emotionen, Gedächtnisbildung und Motivation verantwortlich ist.

Die Amygdala spielt eine zentrale Rolle bei der Bewertung von potenziellen Bedrohungen und bei der Auslösung von Angst- und Stressreaktionen. Sie empfängt Informationen aus den Sinnesorganen und sendet dann Signale an andere Gehirnregionen, um eine angemessene Reaktion auf eine Bedrohung zu koordinieren. Bei einer Bedrohung kann die Amygdala schnell eine Kampf-, Flucht- oder Erstarrungsreaktion auslösen, um den Körper zu schützen.

Autonomes Nervensystem

Das Nervensystem, das automatisch und unbewusst die lebenswichtigen Funktionen des Körpers reguliert, wie Atmung, Herzschlag und Verdauung. Unser Nervensystem wird in zwei Zweige aufgeteilt, und zwar in einen sympathischen Ast als auch einen parasympathischen Ast. Unser autonomes Nervensystem antwortet innerhalb dreier Reaktionswege, die alle drei durch sehr prägnante Antwortmuster charakterisiert werden. Jedes Antwortmuster basiert auf dem Impuls, unser Überleben zu sichern.

Autoregulation

Autoregulation des Nervensystems bezieht sich auf die Fähigkeit des Körpers, seine eigene Aktivität zu regulieren und anzupassen, um ein Gleichgewicht oder Homöostase im Nervensystem aufrechtzuerhalten. Diese Regulierung kann auf mehreren Ebenen stattfinden, einschließlich der Aktivität von Neuronen und der Freisetzung von Neurotransmittern.

Eine optimale Autoregulation ermöglicht es dem Körper, sich effektiv an interne und externe Veränderungen anzupassen und Stress zu bewältigen. Die Polyvagaltheorie von Stephen Porges betont die Bedeutung der Autoregulation des Nervensystems und des Vagusnervs bei der Aufrechterhaltung von Gesundheit und Wohlbefinden.

Bottom-Up-Regulation

Bottom-Up-Regulation bedeutet, dass die Regulation von Verhaltensweisen oder physiologischen Reaktionen von der körperlichen Ebene unseres Nervensystems, die höhere Ebene, unser Gehirn, beeinflusst. Durch gezielte Stimulation des Vagusnervs kann die Aktivierung des parasympathischen Nervensystems erhöht werden, was zu einer beruhigenden Wirkung auf den Körper und den Geist führt. Bottom-Up-Regulation kann auch bei der Behandlung von Trauma eingesetzt werden, um traumatische Erinnerungen und Gefühle körperlich zu spüren, zu regulieren und zu integrieren.

Bottom-Up Regulationstechniken setzen bewusst im Körper an und arbeiten mit dem Körper, um Regulation im ganzen Menschen (Homeostasis) herbeizuführen. Dies kann durch Atemübungen, Bewegung oder Entspannungstechniken erreicht werden. Hier habe ich einige dieser somatischen Übungen beschrieben.

Co-Regulation

In der Polyvagaltheorie bezieht sich Co-Regulation auf den Prozess, bei dem das autonome Nervensystem einer Person von einer anderen Person reguliert wird. Dies geschieht durch den Austausch von emotionaler und körperlicher Energie zwischen zwei Personen, die miteinander interagieren.

Eine Person mit einem dysregulierten autonomen Nervensystem kann von einer anderen Person mit einem regulierten Nervensystem profitieren und mehr in die Regulation kommen. Dies ist zentral bei der Arbeit zwischen Coach und Coachee, findet aber auch im Alltag zwischen Mutter und Kleinkind oder Mensch mit Haustier regelmässig statt.

Dorsaler Vagusnerv

Unseres dorsal Vagus-Ast, ein weiterer Teil unseres Parasympathikus, steuert unsere Totstell-Reaktion bzw. unsere Immobilisierung-Reaktion und ist entwicklungstechnisch der älteste autonome Nervensystemanteil. Ihn teilen wir mit unseren Wirbeltier Vorfahren. Er aktiviert die Überlebensreaktion «Erstarren» und kann bei Überforderung auch zu Ohnmacht führen.

Sind wir ruhig und gelassen, kümmert sich der dorsal-vagale Ast um die autonomen Verdauungsprozesse und unsere Grundbedürfnisse wie schlafen oder regenerieren. Dieses System läuft konstant im Hintergrund und hält unseren Körper gesund und lebendig. Wir bemerken dieses System nur, wenn es fehlerhaft läuft.

Dysregulation

Dysregulation im Nervensystem tritt auf, wenn das autonome Nervensystem auf eine unangemessene Weise auf innere oder äussere Reize reagiert. Dies kann zu einer übermässigen Aktivierung des sympathischen Nervensystems oder einer Unteraktivierung des parasympathischen Nervensystems führen, was zu einer Dysfunktion des Körpers führt. Dysregulation im Nervensystem kann durch verschiedene Faktoren wie Trauma, chronischen Stress, Krankheit oder Medikamenteneinnahme verursacht werden.

Efferent

Efferent (auch motorisch genannt) beschreibt hingegen den Fluss von Informationen vom zentralen Nervensystem zu den Muskeln und Organen. Efferente Nervenfasern leiten dabei Befehle des Gehirns an die entsprechenden Muskeln und Organe weiter, um eine Reaktion oder Bewegung auszulösen.

Insgesamt bildet die Kombination von afferenten und efferenten Nervenfasern das periphere Nervensystem, das eine wichtige Rolle bei der Steuerung von Bewegung, Sinneswahrnehmung und inneren Organfunktionen spie

Erstarrungsreaktion

Erstarren ist eine Schutzreaktion des Körpers und des autonomen Nervensystems auf potenzielle Bedrohungen. Wenn unser Körper eine Bedrohung wahrnimmt, kann er in einen Zustand des Erstarrens geraten, wenn die Flucht oder der Kampf als aussichtslos erscheinen oder wenn der Körper eine Bedrohung nicht eindeutig identifizieren kann.

In diesem dorsal-vagalen Zustand kommt es zu einer Verringerung der Muskelspannung und einer Senkung des Herzschlags und des Blutdrucks. Der Körper reagiert auf diese Weise, um eine Bedrohung zu minimieren oder zu vermeiden, indem er unbeweglich wird und so weniger wahrscheinlich als Ziel erkannt wird.

Fawn Reaktion – Anpassung

Die «Fawn Reaktion» ist ein Begriff aus der Polyvagaltheorie, der von dem Psychologen Pete Walker geprägt wurde. Es handelt sich um eine Überlebensstrategie, die Menschen in bestimmten Situationen anwenden, um sich vor Gefahr zu schützen.

Die Fawn Reaktion tritt typischerweise auf, wenn eine Person sich von einer Bedrohung überwältigt fühlt und keine Möglichkeit sieht, zu fliehen oder zu kämpfen. Die Person empfindet es als sicherer, sich unterzuordnen, als gegen den Angreifer anzukämpfen oder wegzulaufen.

Was ist Dysregulation im Nervensystem?

Kampf- oder Fluchtreaktion

Dies ist eine automatische körperliche Reaktion, die vom Nervensystem ausgelöst wird, wenn unser Körper eine Bedrohung wahrnimmt. Es ist ein Überlebensmechanismus, der uns auf eine potenzielle Gefahr vorbereitet und uns in die Lage versetzt, schnell und effektiv zu handeln, um sich selbst zu schützen.

Die körperlichen Reaktionen, die bei Kampf oder Flucht auftreten, sind Teil des sympathischen Nervensystems, das eine Rolle im autonomen Nervensystem spielt. Zu den typischen körperlichen Reaktionen gehören: Erhöhte Herzfrequenz, erweiterte Atemwege, erhöhte Schweissproduktion, verengte Blutgefässe, erhöhte Muskelspannung oder erhöhte Blutzuckerkonzentration.

Körperempfindungen

Körperempfindungen beziehen sich auf die Sinneswahrnehmungen, die aus dem Inneren des Körpers stammen. Diese Empfindungen umfassen zum Beispiel den Herzschlag, die Atmung, die Verdauung oder auch Schmerzen, Temperatur oder Druck im Körper. Körperempfindungen werden durch spezialisierte Sensoren im Körper, wie beispielsweise Rezeptoren in der Haut, den Muskeln oder Organen, erfasst und an das Gehirn weitergeleitet. Das Gehirn nutzt diese Informationen, um ein internes Körperbild oder Körpergefühl zu schaffen, das wir als propriozeptive oder interozeptive Wahrnehmung bezeichnen.

Diese Empfindungen können wir lernen wieder besser wahrzunehmen und damit unsere Abspaltung vom Verstand von unseren Körperempfindungen Schritt für Schritt überwinden. Wie wichtig dieser Zugang zu den eigenen Empfindungen für das eigene Wohlbefinden und den spielerischen Umgang mit schwierigen Emotionen ist, beschreibe ich hier.

Körperliche Reaktion

Eine Reaktion des Körpers auf eine äussere oder innere Bedrohung, zum Beispiel mit einer schneller Herzfrequenz oder Schwitzen oder der Ausschüttung von Botenstoffen und Hormonen. Damit verbundene Gefühle können sein: Enge in der Brust, Kloss im Hals, schwitzige Handflächen, flache Atmung, angespannter Kiefer, Herz flattern oder ein schneller Puls.

Die Entscheidungen, ob unser System in den Gefahrenmodus schaltet, basieren zu einem Grossteil auf unseren vergangenen Erfahrungen (siehe auch Neurozeption). Die Fähigkeit, Körperempfindungen wahrzunehmen und zu regulieren, spielt eine wichtige Rolle für das körperliche und emotionale Wohlbefinden.

Interozeption

Interozeption bezieht sich auf die Fähigkeit, die Signale des Körpers, die aus dem Inneren des Körpers stammen, wahrzunehmen und zu interpretieren. Hierzu zählen beispielsweise die Empfindungen von Hunger, Durst, Müdigkeit, Schmerz, Temperatur, Atemnot oder Herzrasen.

Diese Signale werden von spezialisierten Rezeptoren im Körper erfasst und über das Nervensystem an das Gehirn weitergeleitet. Die Fähigkeit zur Interozeption spielt eine wichtige Rolle für das körperliche und emotionale Wohlbefinden, da sie es uns ermöglicht, unsere körperlichen Bedürfnisse und Empfindungen wahrzunehmen und angemessen darauf zu reagieren.

Myelinisierung

Der Prozess der Bildung von Myelin um Nervenfasern herum, der dazu beiträgt, die Kommunikation zwischen Nervenzellen zu beschleunigen und zu verbessern. Dies kann die Regulation und Resilienz des Nervensystems verbessern.

Neuroplastizität

Neuroplastizität bezieht sich auf die Fähigkeit des Gehirns, seinen Aufbau und seine Funktionen so zu verändern, dass es optimal auf neue äusserliche Einflüsse und Anforderungen reagieren kann. Dabei kann die Struktur und Funktion von neuronalen Verbindungen, Netzwerken und Gehirnregionen durch Erfahrungen, Lernen oder Verletzungen modifiziert werden.

Diese Veränderungen können sowohl kurz- als auch langfristig sein und können sich auf verschiedene Ebenen des Nervensystems auswirken. Stress kann die Neuroplastizität verringern. Wenn wir unter chronischen Stress stehen, kann das Gehirn schwerer neue Verbindungen bauen und reagiert weniger flexibel auf Veränderungen.

Neurozeption

Ein unbewusster Prozess, bei dem das Nervensystem Signale aus der Umgebung aufnimmt und verarbeitet. Neurozeption ist ein Begriff, der beschreibt, wie das autonome Nervensystem auf subtile Signale in unserer Umgebung reagiert, die wir nicht bewusst wahrnehmen können. Neurozeption bezieht sich auf die Fähigkeit des Nervensystems, Gefahren oder Sicherheit zu erkennen, bevor wir sie bewusst wahrnehmen.

Das autonome Nervensystem nutzt dabei unter anderem Informationen aus verschiedenen Sinnesorganen, wie Augen, Ohren und Haut, um Signale aus der Umwelt aufzunehmen. Es ist ein unbewussten Prozess, der entscheidet, was wir als Bedrohung oder als sicher im Nervensystem erleben. Diese Neurozeption kann in der Gegenwart fälschlicherweise als Gefahr interpretieren aufgrund alter Erfahrungen. Es hilft bewusst unseren neurozeptiven Prozesse bewusst wahrzunehmen, um unbewusst ablaufende Reaktionen zu verändern. Hier kannst du mehr darüber nachlesen.

Polyvagales System

Das System des autonomen Nervensystems, das für die Regulation von Herzfrequenz, Atmung und Verdauung zuständig ist. Es besteht aus dem ventralen Vagusnerv (Parasympathikus), dem dorsalen Vagusnerv (Parasympathikus) und dem sympathischen Nervensystem.

Polyvagale Leiter

Die Polyvagal-Leiter ist ein Konzept, das von der Polyvagaltheorie abgeleitet ist. Die Polyvagal-Leiter beschreibt, wie das autonome Nervensystem auf verschiedene Erfahrungen und Emotionen reagiert und wie wir zwischen verschiedenen Stufen der Leiter wechseln können, je nach den Anforderungen unserer Umgebung und unseren eigenen emotionalen Bedürfnissen.

Die Leiter besteht aus drei Stufen, die jeweils einen Zweig des Nervensystems repräsentieren: ventrales Vagus-Nervensystem, sympathisches Nervensystem, dorsales Vagus-Nervensystem. Wir können uns nur entlang dieser Leiter im Nerevensystem bewegen, mehr dazu kannst du hier nachlesen.

Polyvagaltheorie Leitfaden für Anfänger

Parasympathisches Nervensystem

Ein Zweig des autonomen Nervensystems, der den Körper in einen Zustand der Ruhe und Erholung (Rest & Digest) versetzt, aber auch verantwortlich für menschliche und als sicher empfundene soziale Interaktion. Unser Parasympathikus teilt sich in einen ventralen und einen dorsalen Ast, wobei sich der ventrale Ast nur zuschaltet, wenn wir uns entspannt und sicher fühlen. Ist er eingeschalten, kann sich unser dorsaler Parasympathikus um seine Hauptaufgabe «Regeneration und Verdauung» kümmern. Sind wir chronisch dysreguliert, fallen wir in die Untererregung (dorsaler Ast), in der wir Hoffnungslosigkeit und Erstarrung erleben. Die Polyvagale Leiter beschreibt, wie wir als Menschen zwischen den verschiedenen Stufen hin und her wechseln können.

Propriozeption

Propriozeption bezieht sich auf die Fähigkeit des Körpers, seine Position, Bewegung und Anstrengung zu spüren und zu kontrollieren, ohne dass wir uns dessen bewusst sind. Es ist ein wichtiger Aspekt des sensorischen Systems, der uns hilft, unsere Körperhaltung und -bewegungen zu koordinieren und zu kontrollieren.

Regulation im Nervensystem

Die Fähigkeit des Nervensystems, den Körper in einem ausgeglichenen Zustand zu halten und auf verschiedene Reize und Situationen angemessen zu reagieren. Im Idealfall sind wir fest verankert in unserem ventralen Vagus-Zustand. In diesem Zustand fühlen wir uns sicher und verbunden, ruhig und sozial offen. Wir haben Zugriff auf unseren sympathischen Ast, wenn wir etwas Mobilisierung wie zum Beispiel für Sport oder Hausarbeit brauchen. Unser dorsale Vagus kümmert sich um die Verdauung, Regeneration und Entgiftung im Hintergrund und unser Immunsystem bleibt voll funktionstüchtig. Unser Seins-Zustand ist im Gleichgewicht. Wir erleben unseren Alltag als sicher und voller Möglichkeiten.

Regulation durch Beziehung

Regulation durch sichere, soziale Beziehungen bezieht sich auf die Fähigkeit des Menschen, durch den Austausch mit anderen Menschen seine körperlichen, emotionalen und mentalen Prozesse zu regulieren. Hierbei spielen insbesondere sichere Bindungen und Beziehungen zu anderen Menschen eine wichtige Rolle, da sie dem Individuum ein Gefühl von Sicherheit, Geborgenheit und Unterstützung vermitteln. Hierbei tragen positive Interaktionen und Erfahrungen mit anderen Menschen dazu bei, den eigenen Stresslevel zu senken, die eigene Stimmung zu verbessern und das Selbstwertgefühl zu stärken.

Sichere, soziale Verbindung

Aus Nervensystemsicht sind als sicher empfundene soziale Verbindungen regulierend und ausgleichend. Eine sichere, emotionale Verbindung zu anderen Menschen wirkt sich positiv auf die eigene emotionale Gesundheit aus und hilft uns in den regulierten, entspannten (ventral-vagalen Zustand) zurückzufinden. Diese Sicherheit im Gegenüber zu spüren ist enorm wichtig, um selbst aus erstarrten oder chronisch aktivierten Nervensystemzuständen auch wieder herauszufinden. Sichere soziale Verbindungen können auch Tiere oder die eigene Beziehung zur Natur übernehmen.

Soziale Engagement-Reaktion

Eine Überlebensreaktion, die durch Aktivierung des ventralen Vagusnervs ermöglicht wird. Sie fördert die soziale Interaktion und Kommunikation und hilft dabei, soziale Bindungen aufzubauen.

Soziale Resilienz

Die Fähigkeit, Herausforderungen und Stressoren durch soziale Unterstützung und positive soziale Beziehungen zu bewältigen und zu überwinden.

Stress-Toleranzfenster / Window of Tolerance

Unser Nervensystem bewegt sich innerhalb unseres Stresstoleranzfensters – das heisst, es kippt nicht in die Übererregung oder Untererregung, sondern schwankt zwischen Aktivierung und Regeneration in sanften Wellen. Es ist der optimale Zustand unseres Nervensystems, in dem wir in der Lage sind, Herausforderungen und Stressoren zu bewältigen, ohne in eine Überlebensreaktion zu geraten. Fallen wir regelmässig aus unserem Stresstoleranzfenster, spricht man von Dysregulation.

Sympathisches Nervensystem

Der Teil des autonomen Nervensystems, der für unsere Aktivierung (Sport, körperliche Tätigkeit), aber auch für unsere Kampf- oder Fluchtreaktion im Körper verantwortlich ist. Er erhöht die Herzfrequenz, die Atmung und die Muskelspannung und mobilisiert Energie für eine schnelle Reaktion auf eine Bedrohung. Unser sympathische Nervensystem-Ast kennt Zustände der Regulation (Aktivierung, um körperliche Anstrengung zu ermöglichen bzw. eine angemessene Reaktion auf Gefahren zu erlauben) als auch der Dysregulation (verharren in der Aktivität und im Kampf- und Fluchtmodus).

Trauma

Ein Ereignis oder eine Erfahrung, die eine starke emotionale Reaktion wie Überforderung und Hilflosigkeit auslöst und damit das eigene Nervensystem überwältigt. Die Erfahrung wird nicht verarbeitet, sondern verbleibt als gespeicherte Empfindung im Nervensystem. Das autonome Nervensystem beginnt passierend auf dieser Erfahrung Schutzreaktionen zu etablieren, die die betroffene Person in der Gegenwart als belastend und störend empfinden, kann. Erst wenn die gespeicherte Emotion in einem sicheren Umfeld zu Ende Raum gegeben werden kann und das Jetzt mit Sicherheit und Wohlwollen verknüpft wird, kann das Nervensystem neue nervliche Verbindungen und Reaktionen erlauben.

Traumasensibel

Traumatische Erfahrungen können zu tiefgreifenden Veränderungen im Nervensystem führen, die sich auf verschiedene Ebenen des Erlebens und Verhaltens auswirken können. Dazu zählen genauso Erfahrungen, die den Menschen, oft noch in jungen Jahren, überforderten oder hilflos erleben liessen wie auch grosse Traumata aus Kriegserfahrung, körperlicher Gewalt und sexuellen Übergriffen.

Traumasensibilität bedeutet, diese Auswirkungen zu erkennen und zu verstehen, ohne zu werten oder zu pathologisieren. Es geht darum, Menschen mit Traumata auf eine einfühlsame und respektvolle Weise zu begegnen, ihre Bedürfnisse und Grenzen zu respektieren und ihnen ein sicheres Umfeld zu bieten, in dem sie sich wieder stabilisieren und Vertrauen aufbauen können.

Top-Down-Regulation

Eine Regulationstechnik bei der wir über Gedanken und Bilder unseren Körper und damit auch unser Nervensystem regulieren können. Diese Regulationstechnik zielt darauf ab, die kognitiven und emotionalen Aspekte des Nervensystems zu beeinflussen und damit unsere Regulation zu verbessern. Dies kann durch Achtsamkeit, positive Selbstgespräche oder kognitive Strategien erreicht werden. Unser Nervensystem hat mehr Leitbahnen vom Körper zum Gehirn, als vom Gehirn zum Körper (siehe auch afferent und efferent), was erläutert, warum die Top-Down-Regulation nur einen Teil der Nervensystemarbeit stemmen kann.

Vagusnerv

Ein wichtiger Nerv, der sowohl im parasympathischen als auch im sympathischen Nervensystem eine Rolle spielt. Die Polyvagaltheorie besagt, dass der Vagusnerv eine wichtige Rolle bei der Regulation des Körperzustands spielt. Wenn wir uns sicher und entspannt fühlen, aktiviert der Vagusnerv den ventralen Zweig, der für Verbundenheit und soziale Interaktion bestimmend ist. Ist der ventrale Zweig stark, kann der dorsale Ast sich seiner Kernaufgabe Regeneration und Verdauung widmen. In Dysregulation herrscht wenig Tonus im vagalen Zweig und der dorsale Ast wird durch die Stressreaktion «Erstarren» von seiner lebenserhaltenden Arbeit wie Atmung, Regeneration und Verdauung abgehalten.

Ventraler Vagusnerv

Der ventrale Pfad ist Teil des Parasympathikus und antwortet auf Signale von Sicherheit und unterstützt dabei Gefühle von Verbundenheit in sozialen Beziehungen und Sicherheit im Leben und Alltag. Er senkt die Herzfrequenz, verbessert die Verdauung und unterstützt die soziale Interaktion.

Ventral-Vagal-Tonus

Ein Mass für die Aktivierung des ventralen Vagusnervs und damit für die Fähigkeit des Körpers, eine Entspannungsreaktion auf Herausforderungen zu haben. Ein höherer Ventral-Vagal-Tonus ist mit einer besseren Regulation und einer höheren Resilienz verbunden.

Dieses Glossar zur Polyvagaltheorie gibt einen gute Einführung in die wichtigsten Begriffe und Konzepte dieser Theorie, die den Umgang mit Stress, Trauma und psychischer Gesundheit grundlegend verändert hat. Durch die Unterscheidung zwischen den drei autonomen Nervensystemzuständen – Sicherheit und Verbundenheit, Mobilisierung und Kampf- oder Fluchtreaktion und Erstarrung – können wir besser verstehen, wie unser Körper auf Bedrohungen reagiert und wie wir einen Weg zu einem gesunden und stimmigen Alltag finden.

Auf meinem Blog findest Du auch eine Anfänger Guide zur Polyvagaltheorie und zu einer ausführlichen Erläuterung, was wir unter Dysregulation unseres Nervensystems verstehen können.

Ausserdem findest Du mein Glossar zu den wichtigsten Begriffen aus dem Embodiment auf meinem Blog.

Liebe Grüsse,

Gertrud

Balance im Leben und im Nervensystem | ohne emotionale Überforderung

Embodiment | Nervensystem | Verbindung zu Dir

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