Warum kognitives Verständnis allein nicht ausreicht: die Bedeutung von Embodiment bei der Regulation des Nervensystems

Embodiment ist kein kognitiver Prozess und hilft bei dysreguliertem Nervensystem

geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Hast du dich jemals gefragt, warum das Verstehen deines Verhaltens oder Wissen über die Regulation des Nervensystems allein deine Angst oder Dysregulation nicht behebt? Ich weiss, ich war früher genauso. Aber hier ist der Haken – das Verstehen auf intellektueller Ebene reicht nicht aus, um eine nachhaltige Veränderung zu bewirken. 🤔

Der Schlüssel ist, das, was du verstanden hast, immer wieder körperlich in einer sicheren Umgebung zu üben – bis du es im wahrsten Sinne des Wortes körperlich spürst (Embodiment). Es ist langsamer als du es gerne hättest, aber tiefgreifender als du dir vorstellen kannst, denn die Übungen selber sind subtil und einfach 👉

Der Fokus muss auf körperlicher Erfahrung liegen

Die Regulation des Nervensystems erfordert Präsenz mit dem, was im Körper vor sich geht, wenn du etwas erlebst. Normalerweise bekommen wir nur unsere Emotion und Reaktion mit, aber nicht, was wir körperlich erleben, bevor wir reagieren. Aber genau dort sitzt der Schlüssel für unsere Verhaltensänderung: Unser System muss beginnen, Grenzen setzen, Konflikte, Fehler machen oder weniger tun, als weniger bedrohlich zu empfinden.

Unser Nervensystem verknüpft diese Situationen im Jetzt mit einer als lebensbedrohlich empfundenen Erfahrung in der Vergangenheit. Vielleicht erlebten wir in der Kindheit wenig Unterstützung, wenn wir unsere Bedürfnisse anmeldeten oder elterliche Aufmerksamkeit war die Belohnung für gute Noten und angepasstes Verhalten.

Nur wenn unser Nervensystem nicht mehr Lebensgefahr mit Handlungen wie «Nein sagen» verbindet, sobald ein geschätzter Mensch das Gesicht verzieht, werden wir sie nicht mehr vermeiden. Unser Nervensystem verknüpft vielleicht die aktuelle Situation «nein sagen zu wollen» mit etwas Altem «dann spürst du wieder, wie belastend du für dein Umfeld bist» und das war in der Vergangenheit aus Sicht des Nervensystems lebensbedrohend.

Um eine nachhaltige Veränderung zu bewirken, müssen wir unangenehme, körperliche Empfindungen aus dieser Lebensgefahr-Einstufung im Nervensystem herauslösen. Wir verknüpfen neu Sicherheitsimpulse mit einer bis dato unangenehmen körperlichen Empfindung, die in uns eine Kampf | Flucht oder Erstarren Reaktion auslöste.

Aber nicht nur das: Diese neu empfundene Sicherheit verändert den Botenstoffcocktail im Blut, unsere Hormonausschüttung und unser Nervensystem baut neue Nervenverknüpfungen. Diese Verknüpfungen zwischen Empfindung und gefüllter Sicherheit wird durch Wiederholung werden zu einer neuen Datenautobahn ins Hirn, was wir auch in den helleren Geschichten erkennen, die wir uns dann erzählen.

Subtile Übungen können tiefgreifende Veränderungen bewirken

Wir machen also bewusst kleine, subtile Übungen, während wir unangenehme Situationen wie Grenzen setzen, Hilfe annehmen oder unverstanden bleiben, aushalten versuchen. Wir kombinieren diese körperlichen Empfindungen mit aktiv gesuchten Sicherheitssignalen. Dabei sind unsere Sinne enorm hilfreich. Was höre ich gerade, schmecke ich oder spüre ich, während ich hier stehe oder sitze?

Bei der Arbeit mit deinem Nervensystem hältst du also bewusst «Frustration bzw. unangenehme Gefühle» aus und verknüpfst neue Geschichten mit diesen körperlichen Empfindungen. Dies setzt Neurotransmitter frei, die es deinem Nervensystem ermöglichen, sich neu zu verdrahten und sich dauerhaft anzupassen.

Durch diese Verknüpfung von unangenehmer, bekannter Empfindung im Körper mit neuen Empfindungen wie Sonne im Gesicht oder ein Boden, der mich trägt, lernt unser Nervensystem, dass wir nicht in Lebensgefahr sind, sondern nur etwas als unangenehm empfinden. Das hilft unserem Nervensystem sich neu verdrahten und hilft langfristig, weniger dysreguliert zu sein und auf angemessene Weise reagieren zu lernen.

Embodiment ist kein kognitiver Prozess und hilft bei dysreguliertem Nervensystem
Somatische Übungen sind enorm wertvoll, um körperliche Empfindungen mit Sicherheit statt Lebensgefahr aus Sicht des Nervensystems zu verbinden

Individuelle Herangehensweise ist der Schlüssel zum Erfolg

Da jedes Nervensystem unterschiedlich empfindlich ist, ist es wichtig, individuelle Techniken auszuprobieren und zu experimentieren, um diejenigen zu finden, die in jeder Situation am hilfreichsten sind. Eine personalisierte Herangehensweise kann tiefgreifende Veränderungen bewirken.

Aber es sind die kleinen bewussten, körperlich empfundenen Sinneswahrnehmungen im normalen Alltag, die unserem Nervensystem helfen, eine neue Betriebstemperatur zu bekommen. Unser Zustand ist normalerweise chronisch dysreguliert – wir sind also entweder in die Untererregung gerutscht oder in der Übererregung hängen geblieben. Wir sind also – salopp gesprochen – entweder im inneren Tiefkühlschrank oder in der inneren Sauna zu Hause.

Durch bewusste, somatische Übungen, die uns helfen wieder in Kontakt mit den körperlichen Empfindungen im Jetzt zu kommen, verändern wir über die Zeit unsere eigene «Betriebstemperatur». In der Polyvagaltheorie nennt man das auch «Kapazität im Nervensystems aufbauen».

Mit dieser Kapazität baut dein Nervensystem an neuen Verbindungen bis zum Gehirn – es verknüpft Reiz-Körpergefühl-Gedanken neu. Du merkst das, indem du z. Bsp dieselbe Situation als weniger belastend empfindest als früher – das heisst dein Nervensystem empfindet z.Bsp nein sagen als sicherer und löst nicht mehr diese Stressreaktionen im Körper aus. Das erlaubt dir neue Reaktionen wie unterstützendes Lachen auf z.Bsp ein enttäuschtes Gesicht.

Bewusst Kapazität im Nervensystem im Alltag aufbauen

Bei der Nervensystem Arbeit geht es nicht darum, in die Details alter Geschichten einzutauchen. Es geht um eine sicher empfundene Verbindung zum Körper und seinen Empfindungen im Jetzt. Statt nur im Kopf und im Verstand zu leben, üben wir, den Körper wahrzunehmen. Mehr zu beobachten und zu erlauben, statt gewohnt zu handeln. In einem früheren Blogpost beschrieb ich einige, einfache Embodiment Übungen, die du in deinen Alltag einbauen kannst, damit dein Nervensystem beginnt unangenehme körperliche Empfindungen statt mit Lebensgefahr immer mehr mit Sicherheit zu verknüpfen.

Dabei schauen wir, dass unser Nervensystem mehr Fassungsvermögen für alltäglichen Stress erhält. Wir setzen also Anker – Anker für sicher erlebte Momente im Körper und dehnen dabei unser Toleranzfenster für bestimmte Empfindungen aus.

Das berühmte Eisbaden ist dazu ein gutes Bild. Im kalten Wasser ziehen wir uns zusammen und wir möchten am liebsten davonlaufen – aber wir üben diese Kältereize, als sicher zu erleben und zu entspannen, während uns die Kältereize überfluten. Unser Nervensystem beginnt nun diese Kältereize, diese körperlichen Empfindungen immer mehr auch mit Sicherheit und nicht mit Überleben zu verbinden. Dieses Erweitern des eigenen Stresstoleranzfensters wirkt sich auf andere, alltägliche Situationen aus – wir bleiben nicht nur im kalten Wasser entspannter, sondern auch in anderen Situationen, in denen sich unser Körper anfangs zusammenzieht.

Wenn du mehr über die Heilung deines Nervensystems erfahren und dich auf den Weg zu einer tiefgreifenden Veränderung machen möchtest, abonniere meinen Newsletter. Dort teile ich monatlich Wissen, Techniken und Geschichten rund um die Heilung eines dysregulierten Nervensystems.

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Liebe Grüsse,

Gertrud

Balance im Leben und im Nervensystem | ohne emotionale Überforderung

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